Verbindungstechnik für die Automatisierung
Ein genauer Blick auf das Kabelmaterial
In der industriellen Fertigung sind hochzuverlässige Kabel gefragt,
um Maschinenausfälle zu minimieren und den Wartungsaufwand
zu reduzieren. Auf dem Vormarsch sind daher kundenspezifische
Kabelbaugruppen. Die Auslegung von Schirmung, Isolation
und Kabelmantel entscheidet über die spezifischen Eigenschaften.
Modulare Kabel und Steckverbinder sind werksseitig konfektionierte Baugruppen, die aus einem standardisierten Satz an Unterkomponenten bestehen und für eine schnelle Inbetriebnahme zusammengesteckt oder zusammengeklemmt werden. Auch in anderen Branchen, neben der Industrieautomation, ist dieser Typ der Verkabelung zunehmend gefragt.
Im Vergleich zu herkömmlichen Kabelsätzen können die modularen Kabel den Installationsaufwand vor Ort um etwa 60 bis 70 Prozent reduzieren. Gleichzeitig läßt sich die Zuverlässigkeit der Verkabelung erhöhen, denn alle Anpassungen, Zuschnitte und Endbearbeitungen werden im Vorfeld als wiederholbare Fabrikprozesse durchgeführt. Auch werden die anwendungsspezifischen Kabel bereits in der Konstruktionsphase vollständig spezifiziert. Die Installation vor Ort besteht somit quasi nur noch aus dem einfachen Einstecken dieser Kabel in die Maschinenkomponenten.
Wie genau ein Kabel an die jeweilige Applikation angepaßt werden kann, zeigt der Blick auf den Aufbau des Kabels.
Schirmung
Motoren, Generatoren und z.B. auch Stromkabel können Quellen hoher elektromagnetischer Störungen (Elektro-Magnetische Interferenz, EMI) sein. Steuer- und Datenkabel in unmittelbarer Nähe dieser Quellen müssen daher abgeschirmt werden.
Die Abschirmung von Kabeln gegen EMI kann mit einer Faraday-Abschirmung, also einer durchgehenden Ummantelung aus leitfähigem Material um die Kabeladern, oder einem Faraday-Käfig, genauer: einem leitfähigen Geflecht um die Kabeladern, erfolgen.
Bei der erstgenannten Methode wird in der Regel Folie eingesetzt, bei der zweiten Methode geflochtener Draht.
Die Folienabschirmungen bestehen oft aus dünnem Aluminium für eine kontinuierliche Abschirmung. Sie sind kostengünstig und flexibel, aber schwierig zu erden.
Geflochtene Drähte bzw. ein Geflecht aus Kupferdraht ist leichter zu erden, bietet in einigen Fällen allerdings keine 100-prozentige Abdeckung, da durch kleine Öffnungen unter Umständen Hochfrequenzsignale eindringen können.
Damit der Faraday-Käfig also funktioniert, müssen alle Löcher oder Lücken im Gitter deutlich kleiner sein als die Wellenlänge der abzublockenden Strahlung. Einige Hersteller verzinnen deswegen ihre geflochtenen Schirmdrähte, um den Schutz vor EMI zu verbessern.
Andere sorgen für saubere Signale in sehr verrauschten Umgebungen mit mehreren Abschirmungsebenen – zum Beispiel zwischen einzelnen Paaren sowie um das gesamte Kabel herum. Eine solche Abschirmung kann allerdings teurer und weniger flexibel sein als andere Abschirm-Optionen.
Sowohl Käfige als auch Abschirmungen sind Leiter, die elektromagnetische Strahlung reflektieren, um zu verhindern, daß diese Strahlung ins Innere der leitenden Litzen des Kabels gelangt. Die Abschirmung in Kabeln wird typischerweise zwischen Isolationsschichten gelegt, die die leitenden Drähte umgeben. Dann wird diese Abschirmung normalerweise mit der Masseleitung verbunden, um eine effiziente Verteilung der elektromagnetischen Energie zu ermöglichen.
Isolierung
Die Kabelisolierung ist das nicht leitende Material, das den elektrischen Leiterdraht umgibt.
Sie dient aber nicht nur der Isolierung, sondern verhindert häufig auch Abrieb sowie das Eindringen von Flüssigkeiten. Unbedingt zu beachten ist, daß die Isolierung alleine keine Barriere für EMI darstellt, wenn Magnetfelder und Strahlung direkt durch sie hindurchgehen.
Als Materialien stehen folgende Werkstoffe zur Wahl, die sich z.B. stark hinsichtlich ihrer Abriebfestigkeit und Temperaturbeständigkeit unterscheiden:
Poly-Vinyl-Chlorid (PVC) ist eine kostengünstige und häufig verwendete Isolierung.
Das Isolationsmaterial hat einen Temperaturbereich von etwa -55 bis +105 °C und ist beständig gegen die üblichen Lösungsmittel und Brennstoffe. Kapazität und Dämpfung führen zu einem gewissen Leistungsverlust.
Hart-PVC (SR-PVC) hat eine höhere Abriebfestigkeit als andere Optionen; das ähnliche Plenum-Poly-Vinyl-Chlorid (Plenum-PVC) weist ebenfalls eine bessere Flammbeständigkeit auf.
Poly-Ethylen (PE) weist eine niedrige Kapazität auf, wodurch sich das Material gut für die High-Speed-Datenübertragung eignet. Es ist unflexibel und hat einen Temperaturbereich von -65 bis +80 °C.
Chloriertes Poly-Ethylen (CPE) hat eine ausgezeichnete Hitze- und Feuerbeständigkeit und kommt häufig in industriellen Strom- und Steuerkabeln zum Einsatz.
Silikon ist hoch hitzebeständig (sogar bis +180 °C) sowie schwer entflammbar und flexibel.
Fiberglas wird oft für Anwendungen verwendet, die extreme Hitzebeständigkeit erfordern, wie z.B. in Gießereien und der Metallverarbeitung. Es ist selbst bei Dauertemperaturen von bis zu +480 °C einsetzbar.
Kabelummantelung
Bei einigen Kabeln sind die Funktion der elektrischen Isolierung und die des äußeren Schutzes getrennt, wobei für jede Funktion optimierte Materialien gewählt werden. In diesem Fall wird die innere Schicht, die für die elektrische Isolierung sorgt, als Isolierung bezeichnet, während die äußere Schicht, die Schutz bietet, als Kabelmantel bezeichnet wird.
Verschiedene Mantelmaterialien können zum Beispiel dafür sorgen, den Schutz vor Abrieb, Flüssigkeiten, Hitze, Chemikalien oder Mikroben zu erhöhen:
Poly-Urethan (PUR) hat eine hohe Zähigkeit und Flexibilität sowie Chemikalien-, Wasser- und Abriebbeständigkeit. PUR ist jedoch brennbar. Schlechte elektrische Eigenschaften bedeuten, daß es sich nicht zur Verwendung als Isolierung eignet.
Nylon hat eine ausgezeichnete Zähigkeit, Flexibilität sowie Abrieb- und Chemikalienbeständigkeit.
Bei Neopren handelt es sich um einen synthetischen duroplastischen Kautschuk mit ausgezeichneter Abrieb-, Durchstich-, Öl- und Lösungsmittelbeständigkeit. Das Mantelmaterial hat eine lange Lebensdauer und wird häufig in militärischen Anwendungen eingesetzt.
Styrol-Butadien-Kautschuk (Styrene Butadiene Rubber – SBR) ist ein Duroplast mit hervorragender Abrieb-, Öl- und Lösungsmittelbeständigkeit. Es wird in Mil-C-55668-Kabeln verwendet.
Litzenanordnung
Einzelne Litzen innerhalb eines Industriekabels können auf verschiedene Weise angeordnet werden, beispielsweise um unterschiedliche Biegeeigenschaften zu realisieren.
- Festleiter bestehen aus einem einzigen dicken Draht, der kostengünstig, aber steif und weniger robust ist.
- Bei der relativ einfachen Bündelverseilung sind alle Litzen in der gleichen Richtung miteinander verdrillt, sie ist aber robuster als Massivkabel.
- Die konzentrische Verseilung hat einen einzelnen Draht in der Mitte, um den eine Lage von Drähten verdrillt ist; alle aufeinanderfolgenden Lagen sind in wechselnden Richtungen verdrillt. Dadurch entstehen glatte Kabel, die bestens für den Einsatz in Automatisierungsanwendungen geeignet sind.
- Die Verseilung basiert auf Bündeln von Kabeln, die auf verschiedene andere Arten verseilt sind. Das Design unterstützt ein flexibles Kabel.
All diese Material- und Kabeleigenschaften lassen sich als eine grobe Richtlinie heranziehen,
um entsprechende Kabel für die jeweilige Applikation zu definieren. Im Einzelfall geben aber die Spezifikationen der Kabelhersteller detaillierte Auskunft über das jeweilige Produkt.
Industriekabel in automatisierten Umgebungen werden für die elektrische Energieverteilung sowie für die Übertragung von Steuersignalen und Daten verwendet. Kabelbaugruppen, die diese Funktionen kombinieren, wie zum Beispiel „Ölflex Connect“ von Lapp, sind auf dem Vormarsch.