Einsatz von GaN-Wechselrichtern für batteriebetriebene Motorantriebsanwendungen

Einsatz von GaN (Gallium Nitride) Wechselrichtern für batteriebetriebene Motorantriebsanwendungen

Von Marco Palma

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GaN-Transistoren und -ICs erhöhen die Leistungsdichte in Motorantriebsanwendungen. Ein optimaler Layout-Ansatz erlaubt es, ringfreie Ausgangs-Schaltwellenformen und saubere Stromrekonstruktionssignale entweder von Schenkel-Shunts oder von In-Phase-Shunts zu erhalten.

Viele Anwendungen wie autonome Lagerroboter und kollaborative Roboter in schlanken Produktionslinien erfordern, daß die Umrichter für jeden Motor eine hohe Leistung haben und gleichzeitig kompakt und leicht sind. Dies stellt eine Herausforderung für die Konstrukteure dar, denn Leistung, Größe und Gewicht sind seit jeher gegensätzliche Attribute. Bei batteriebetriebenen Anwendungen ermöglichen jeder Kubikzoll belegter Fläche und jedes eingesparte Gramm Gewicht eine längere Betriebszeit zwischen zwei Batterieladungen. eGaN® FETs von EPC (Efficient Power Conversion) helfen den Entwicklern, die Leistungsdichte zu erhöhen, um diese Herausforderung zu meistern.

EPC9145 Motor Drive Power Evaluation Board

Der EPC2206 80 V 2,2 mΩ eGaN® FET (Abbildung 1) ist ein optimaler Kandidat für Anwendungen, bei denen die Busspannung unter 70 VDC liegt. Bei Motorantrieben wird die PWM-Frequenz in der Regel unter 50 kHz gehalten und die Totzeiten liegen über 500 Nanosekunden. In diesen Fällen ist der Schalter RDSON der wichtigste Parameter, auf den die Entwickler achten.

Die Wärmekapazität, insbesondere der Wärmewiderstand Rθjc zwischen Sperrschicht und Gehäuse, ist der zweite zu berücksichtigende Parameter. Herkömmliche MOS (Metal Oxide Semiconductor) basierte Lösungen haben ein oder mehrere parallel geschaltete Bauelemente pro Schalter und basieren entweder auf 5 x 6 mm oder 10 x 10 mm großen Gehäusen, wie in Abbildung 1 maßstabsgetreu dargestellt.

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Abbildung 1. EPC2206 80V 2,2mOhm GaNFET (links) im Vergleich zu ähnlichen RDSON MOSFETs. Abbildung im Maßstab.

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Abbildung 2. EPC9145KIT – 3-Phasen-Wechselrichter-Leistungsplatine auf der Grundlage des EPC2206 – 10 x 12 cm

EPC9145KIT ist ein Motorantriebs-Evaluierungsboard, das mit dem EPC2206 ausgestattet ist und mit Ausnahme des Mikrocontrollers alles enthält, was für den Antrieb eines Motors auf dem Board benötigt wird.

Es kann mit einer maximalen Busspannung von 70 VDC und einem maximalen Phasenstrom von 25 ARMS (Root Mean Square = Quadratwurzelmittelwert) betrieben werden. Der Motorcontroller kann aus den auf dem Markt erhältlichen Controllern ausgewählt und mit dem passenden EPC-Mate-Board angeschlossen werden. In Abbildung 2 sind von links nach rechts der Steueranschluß, die Signalaufbereitungsschaltung für die Spannungs- und Stromrückmeldung an den externen Mikrocontroller, die Keramikkondensatorbank, der dreiphasige Wechselrichter mit Schenkel- und Phasenshunts und schließlich der Motoranschluß zu sehen.

dV/dt-Schaltwellenformen

Die EPC9145KIT-Leiterplatte wurde nach den EPC-Optimal-Layout-Regeln (Abbildung 4) entworfen, die die geringste Induktivität in der Leistungsschleife gewährleisten. Das Hauptkriterium ist die Einhaltung der Symmetrie bei der Platzierung der Komponenten und die Beschränkung des gesamten Hochfrequenzpfades auf die obere und erste innere Lage. Im Fall des EPC9145KIT ist das Layout etwas komplexer, da sich in der Hochfrequenz-Leistungsschleife Beinchen-Shunts befinden, wie in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3. Detaillierte Ansicht der Schaltzelle

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Abbildung 4. Empfehlung für ein optimales EPC -Layout

Bei den HF-Kondensatoren handelt es sich um neun 220 nF der Größe 0603, die alle parallel geschaltet sind, um die Gesamtinduktivität bei hoher Frequenz zu verringern. Das gleiche Prinzip gilt für den 1mΩ-Bein-Nebenschluß-Sensor, der mit vier SMT (Surface Mount Technology / oberflächenmontierbaren) Widerständen 4 mΩ 0805 wide body ausgeführt ist. Das Ergebnis ist in Abbildung 5 zu sehen, wo der Schaltknoten der Phase V sowohl bei steigenden als auch bei fallenden Flanken wie gezeigt über die Zeit schwankt.

Die Bilder in Abbildung 5 wurden mit unendlicher Nachleuchtdauer aufgenommen, um alle Wellenformen zu erfassen, sodaß das maximale dV/dt deutlich sichtbar ist. Es wurde kein Überschwingen der Spannung beobachtet, und das dV/dt liegt eindeutig in dem Bereich, der in typischen Motorantriebsanwendungen verwendet wird. Der aufmerksame Leser kann feststellen, daß die Totzeit auf 50 ns (2,5 Teilungen) eingestellt wurde.

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Abbildung 5. Steigende Flanken der Phase V am 30-V-Bus / fallende Flanken der Phase V am 30-V-Bus

In-Phase-Strommessung vs. Schenkel-Shunts

Bei der Verwendung diskreter eGaN® FETs or a GaN ePower™ Stage Single-Chip Driver in einem Wechselrichter für den Motorantrieb wird üblicherweise ein phasengleicher Stromshunt zusammen mit einem isolierten (funktional oder galvanisch) IC verwendet, der das Niederspannungs-Differenzsignal über dem Shunt-Widerstand aus dem Gleichtakt der Schaltphase extrahiert.

Dieser Ansatz hat den Vorteil, daß der Benutzer über die gesamte PWM-Periode kontinuierlichen Zugriff auf das Phasenstromsignal hat, außer während Schaltvorgängen, bei denen das Signal durch die Phasen dV/ dt beeinflußt werden kann.

Die höheren Kosten und die geringere Bandbreite der In-Phase-Shunt-Lösung können sich jedoch im Vergleich zur Schenkel-Shunt-Erfassung als nachteilig für den Einsatz von GaN-Wechselrichtern in Motorantrieben erweisen.

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Abbildung 6. Vergleich zwischen Phasen- und Schenkelnebenschlußstrommessung – HINWEIS: Das Rauschen im Bild wird durch einen nicht optimalen Meßaufbau verursacht. Die tatsächlichen Signale sind sauberer, wie die Stromrekonstruktion des Reglers zeigt.

Das EPC9145KIT bietet dem Anwender die Möglichkeit, beide Lösungen zu testen und zu entscheiden, welche für seine Anwendung am besten geeignet ist. Tatsächlich gibt es pro Schaltzelle sowohl phasengleiche 1 mΩ-Shunts als auch 1 mΩ-Schenkelshunts. Die 20-fache Verstärkung, der Offset und die Polarität sind für beide Schaltungen gleich, sodaß der Benutzer entweder das eine oder das andere Meßverfahren an den externen Mikrocontroller anschließen kann, ohne eine Änderung der Firmware vorzunehmen. Wie in Abbildung 5 zu sehen ist, hat die Einfügung des Shunts in den Low-Side-Zweig keine nachteiligen Auswirkungen auf das Schaltverhalten.

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Abbildung 7a. Innenschicht mit Shunt-Signal-Kelvin-Anschlüssen

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Abbildung 7b. Obere und untere Schicht mit analoger Masseabschirmung der Shunt-Kelvin-Leiterbahnen

Ein Vergleich der beiden Strommeßmethoden sowie des Signals einer am Ausgang des Wechselrichters angeschlossenen Stromsonde ist in Abbildung 6 dargestellt. Wenn die Phasenspannung hoch ist, ist das Signal über dem Nebenschluß 0 und der Ausgang des Verstärkers liegt in der Mitte bei 1,65 V; wenn die Phasenspannung niedrig ist, fließt der Strom, der im Nebenschluß fließt, auch im Nebenschluß, sodaß sich die beiden verstärkten Signale überschneiden.

Herkömmliche feldorientierte Regelalgorithmen messen den Strom in der Mitte des Phasen-Niederspannungsimpulses (in Abbildung 6 durch zwei Sterne gekennzeichnet). Durch einfaches Ändern der Position von drei Jumpern auf der EPC9145KIT-Platine ist es möglich, eines der beiden Signale zu verwenden.

Layout-Regeln für genaue Strommessung

Das EPC9145KIT zeigt, wie man Niederspannungssignale von den Shuntwiderständen über die Stromversorgungsplatine bis zu dem Punkt führt, an dem sie verstärkt und zum Mikrocontroller-Anschluß gebracht werden. Das Hauptkriterium ist die Durchführung einer Kelvin-Messung über den Shunt und die Verlegung der Leiterbahnen so nah wie möglich und abgeschirmt durch analoge Massekäfige auf den Ebenen über und unter der Routing-Ebene, wie in Abbildung 7 gezeigt. Eine weitere bewährte Methode besteht darin, die digitale Masse und die Leistungsmasse von der analogen Masse zu trennen und sie an einem einzigen Punkt weit entfernt von den Stromschleifenpfaden zusammenzuschließen.

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Abbildung 8. 40 kHz 50 ns DT-Betrieb, 60 VDC 17,5 ARMS Phasenstrom – Schenkelnebenschlußmessung

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Abbildung 9. Infrarotbild (bestätigt durch einen Thermokoppler) bei 60 VDC 10 ARMS Phasenstrom 40 kHz 50 ns DT

Betrieb ohne Kühlkörper

Beim Test des EPC9145KIT in einem Motorprüfstand mit Hysteresebremse wurden sowohl die Phasen- als auch die Schenkelmessung verwendet.

Die Strom- und Spannungswellenformen bei 17,5 ARMS 60 VDC sind in Abbildung 8 dargestellt. Abbildung 9 zeigt die Temperatur über dem EPC2206 ohne Kühlkörper und ohne Luftkonvektion. In diesem Fall beträgt der Strom 10 ARMS bei 60 VDC und die Differenz zur Umgebungstemperatur beträgt 30°C. Tests mit Kühlkörper mit und ohne Luftkonvektion sind im Gange, und die Ergebnisse werden demnächst in der Schnell-Startanleitung für das Board veröffentlicht.

Der Vorteil des 100-kHz-Betriebs

Ein eGaN-basierter Wechselrichter kann problemlos mit 100 kHz betrieben werden.

Der Vorteil besteht darin, daß die Welligkeit der Eingangsspannung und des Stroms abnimmt, wenn die PWM-Frequenz erhöht wird, sodaß der Benutzer die Elektrolyt-Kondensatoren entfernen und nur Keramikkondensatoren verwenden kann, die kleiner, leichter und zuverlässiger sind. Der EPC9145KIT ist auf der Oberseite mit Keramik-Kondensatoren und auf der Unterseite mit Elektrolytkondensatoren bestückt. Sowohl auf der Ober- als auch auf der Unterseite befinden sich Platzhalter, sodaß der Benutzer die Kondensatoren montieren oder demontieren kann, um den richtigen Betriebspunkt zu finden, der das Gewicht, die Größe und den thermischen Betrieb optimiert.

Schlußfolgerungen

Viele batteriebetriebene Motoranwendungen gehen von konventionellen Si-MOSFETs mit niedriger PWM-Frequenz zu GaN-Invertern über, die mit höherer PWM-Frequenz arbeiten können und den Vorteil haben, daß sie Größe und Gewicht reduzieren, ohne die Effizienz des Gesamtsystems zu beeinträchtigen.

Mit der richtigen Gate-Ansteuerung und einem optimalen Layout sind die Schaltwellenformen sauber und dV/dt ist leicht zu handhaben.

Referenzen

[1] A. Lidow, M. De Rooij, J. Strydom, D. Reusch, J. Glaser, “GaN Transistors for Efficient Power Conversion”. Dritte Auflage, Wiley. ISBN 978-1-119-59414-7

[2] D. Reusch, Fred C. Lee, David Gilham, Yipeng Su, “Optimization of a High Density Gallium Nitride based Non-Isolated Point of Load Module”, ECCE 2012 Raleigh, NC

[3] M. Vujacic, M. Hammami, M. Srndovic, G. Grandi, “Analysis of dc-Link Voltage Switching Ripple in Three-Phase PWM Inverters,” Energies. 2018; 11(2):471. (mdpi.com) / Energies | Free Full-Text | Analysis of dc-Link Voltage Switching Ripple in Three-Phase PWM Inverters.

[4] M. Palma, “GaN ePower Stage IC-Based Inverter for Battery Powered Motor Drives Applications”, Bodo’s Power April 2021.